Hiho, schönen Sonntag!
Den Januar über habe ich mit Hilfe von DropIt und etlichen Nervenzusammenbrüchen ALLE meine alten Dateien HALBWEGS sortiert. Hat keinen Spaß gemacht, denn meine Philosophie war schon immer, fast nie was zu löschen. „Zu viel Zeitaufwand, zu entscheiden, was weg kann und was nicht“, dachte ich immer, „und in der Zukunft wird es sicher Möglichkeiten geben, alles problemlos ordnen zu lassen!“. Ich lag falsch.
Während dieser ganzen Sortier-Orgie ist mir wieder klar geworden, wie viele manchmal mehr, meistens weniger überzeugende kreative Projekte ich über die Jahre laufen hatte. Das ging bei mir schon ganz unbeholfen in früher Kindheit los, aber als ich meinen ersten PC hatte, wurde der sofort dafür eingespannt und heute sehe ich die zugehörigen Datei-Fetzen als Beweis. Unter anderem hab ich…
…Kurzgeschichten geschrieben. Mindestens 100 größtenteils pubertäre Gedichte verfasst. „Romane“ angefangen, die nie fertig geworden sind. Lange Comics gekrakelt (hatten noch gar nichts mit islieb zu tun). Fotostorys gebastelt. 500 Songtexte geschrieben, größtenteils richtig schrottig. Hunderte Melodien „komponiert“, leider mit unterentwickeltem musikalischen Gehör. Ca. 120 Songs aufgenommen, meistens schön schief. „Bands“ gegründet und „geprobt“, ohne viel Erfolg. Locker 40 seltsame Videos gedreht und geschnitten. Reihenweise Websites gebastelt. Blogs gestartet. Vlog gestartet. Erfolglos Communitys gegründet. Versucht, ein Online-Point-and-Click-Adventure auf die Beine zu stellen (wurde nie fertig, gigantischer Aufwand).
Fotos, Trickfilme, Stop-Motion, Requisiten, Grafikprogramme, Recordingprogramme, Frosch-Kamasutra, Schuhe bemalt, Online-Gitarren-Tutorials, so ziemlich jede Social Media Seite beackert, sobald ich gelernt hatte, dass es sowas gibt, psychologische Online-Beratungsstelle als angeblich mehrfach vorbestrafter Arzt gestartet. Theater. Jonglage-Auftritte. Schlechte Kartentricks. T-Shirts entworfen und verkauft. CDs verkauft. Unzählige realitätsferne Pläne und Konzepte erstellt. Reihenweise Sachbücher gelesen, die für das alles irgendwie hilfreich schienen.
Und dann, irgendwann… eine handvoll Strichmännchen-Comics gekrakelt. Tadaa!
Wenn heute irgendwer auf islieb stößt, sind die Sachen, mit denen ich mich davor abgemüht habe, natürlich unsichtbar. Wer selbst was Kreatives fabriziert, kann dann leicht denken: „Whoa, da krakelt einer mal eben so ein kleines Bild zusammen und kriegt Beachtung dafür, was zum Henker? Und dann auch noch GELD?!“.
Manchmal lese ich sowas aus einzelnen kritischen Kommentaren raus, auch wenn die nur selten kommen, fast alle sind ja übertrieben lieb zu mir. Aber ich kann den Gedanken nachvollziehen. Nur würde ich halt ergänzen, dass das auch was mit den vier Jahren davor zu tun hat, die ich in Comics gesteckt und mich echt bemüht habe, soweit ich konnte.
Sogar das ganze andere Zeug, das ich oben aufgelistet habe, in dem auch oft viel Aufwand und Herzblut gesteckt haben, hängt da indirekt mit dran. Zumindest wirkt rückblickend betrachtet alles wie eine Art Lernprozess, der mir jetzt hilft, diese eine Sache einigermaßen richtig zu machen, ohne alles frontal an die Wand zu fahren.
Ob das so ganz stimmt, weiß ich nicht, vielleicht versuche ich auch nur, nachträglich nen Sinn reinzuinterpretieren. Denn wenn ich darauf zurückblicke, was außer den Comics noch alles lief, denk ich nicht: „Mensch, sautoll, was du alles gemacht hast!“. Ich denk eher: „Oh Mann, wie viel Lebenszeit da drinsteckt“.
Gut, ne kreative Kindheit ist positiv, gibt eh nicht viele wirklich sinnvolle Dinge, die Kinder ansonsten machen könnten. Aber meine Teenager-Jahre sind ja z.B. auch reingeflossen. Freunde, Partys, Freundinnen und Abenteuer aller Art, ich hab echt weniger davon mitgenommen als andere. Ehrlich gesagt hatte ich auch nie so viel Lust drauf (oder konnte mich nicht überwinden), ich hab eben gemacht, was ich wollte. Trotzdem kommt dann der Gedanke, warum ich gerade sowas wollte und ob es nicht auch nett gewesen wäre, wenn ich was Gescheiteres gewollt hätte.
Nervenzerfetzende familiäre Konflikte gab es später eh. Kinder, die sich künstlerisch austoben, sind für Eltern sicher hübsch anzusehen, selbst wenn sie mal den Teppich mit Farbe einsauen. Aber sobald die langsam älter werden und immer noch „was Kreatives“ machen wollen, ohne nen wirklichen Zukunftsplan zu haben, werden die tapfersten Verwandten nervös – oder ticken komplett aus.
Heute ist das alles Schnee von gestern, immerhin kann ich jetzt eine Sache machen, die ich wirklich machen will, alles fühlt sich sinnvoll an, weil andere Interesse dran haben, was mir das Gefühl gibt, irgendwas Gutes zur Welt beizutragen, auch wenn’s nur kleine Comics sind. So kann’s gern weiterlaufen und es sieht aus, als würde das klappen. Ist wie ein kleiner Lottogewinn. Derzeit! Wer weiß, was die Zukunft bringt.
Wenn sich das alles nicht so nett zusammengefügt und ergeben hätte, wüsste ich aber auch nicht, was ich von dieser ganzen Kunstkram-Vergangenheit, den pubertären Gedichten, der psychologischen Beratungsstelle und den Kartentricks halten würde. Vielleicht hätte ich nen ganz anderen Blick drauf und käme mir vor wie ein Erwachsener, der zu viel Zeit mit Kinderkram vertrödelt hat und keinen richtigen Platz in der Gesellschaft findet. Und wahrscheinlich könnte ich trotzdem nicht aufhören. Oder wäre zu stur.
Viele von euch haben ja auch ganz unterschiedliche künstlerische, kreative oder einfach selbstständige Hobbys, Leidenschaften, Unternehmungen und Projekte laufen. Meistens schreibt ihr mir kein Wort davon, was schade ist, denn mich interessiert sowas total. Aber ich kriege auch so öfter auf Social Media Seiten oder anderem Weg kleine Ausschnitte mit.
Zunächst mal wünsch ich natürlich allen ganz viel Freude und Erfolg damit, was immer das für euch bedeutet. Und allen, die da gerade in ner schwierigen Phase stecken oder manchmal frustriert oder resigniert sind, kann ich zumindest sagen, falls das hilft: Kommt mir bekannt vor, ich hatte auch schon viel in der Art. Sobald Ambitionen damit verbunden sind, ist das fast unvermeidbar, glaube ich. Bei anderen Leuten sieht man nur meistens nicht so viel davon.
Und danke für eure Unterstützung! Hab gerade kurz überlegt, ob ich hier für jedes Patreon- und islieb-Club-Mitglied 1x „Danke“ schreiben sollte, ohne Copy-Paste-Hilfe, aber das kam mir dann doch etwas albern und einfallslos vor. Trotzdem vielen Dank!
PS: Eine Empfehlung fürs Leben hab ich aber doch: Wer möchte, könnte sich jetzt einen Keks oder ein Stück Kuchen oder etwas Schokolade gönnen. Oder auch nicht! Will euch ja nicht in eure Essgewohnheiten reinreden, das ginge zu weit.
Schreibe einen Kommentar