Adventscall-Center: Türchen 4

Viele fanden den Igel-Winterschlaf-Comic so süß, den ich mal gekrakelt hatte. Also hab ich hier einfach noch einen gekrakelt. „Der andere war aber süßer“, rufen einige jetzt vielleicht.

Mag sein, aber vergleichen wir das mal mit dem 4. Türchen eines Standard-Adventskalenders: Wenn ihr Glück habt, ist ein Stück harte Vollmilch-Schokolade drin. Wenn ihr Pech habt, ist sie so alt, dass sie schon weiß-gräulich angelaufen ist.

Und wenn der Adventskalender ne Gratis-Dreingabe war, ist gar keine Schokolade hinter dem Türchen. Im direkten Vergleich ist das hier doch sehr nett!

OK, hier eine Kindheitserinnerung zum Thema Adventskalender. Stellt euch vor, dass ich noch ganz klein war. Kleiner als Grundschüler. Ich hatte damals seltsame Freunde. Die meisten waren nicht WIRKLICH meine Freunde, im Grunde waren nur unsere Eltern befreundet und wir waren gezwungen, uns gegenseitig zu ertragen, wenn die sich besucht haben.

Der „Freund“, an den ich jetzt denke, hatte eindeutig nen Tick. Genauer kann ich’s nicht erklären. Und eigentlich ist es unfair, das so zu formulieren, denn letztendlich hatten seine ELTERN nen schwer erklärbaren Tick, den sie ihrem Sohn ebenfalls anerzogen hatten.

Seine Mutter hat ihn draußen an die Leine genommen, nur als ein Beispiel von vielen. („Das ist kein Tick, das ist pädagogisch sinnvoll!“, ruft jetzt vielleicht jemand. Okok! Ich sag ja nur, kam mir halt schräg vor. Egal.)

Einmal saß der Freund mit dem Tick in meinem Zimmer und war gerade dabei, meine gezeichneten Osterhasen zu zerreißen, als ich reingekommen bin. Da hat er sofort mit panisch aufgerissenen Augen gerufen: „Entschuldigung!! Du kannst nichts machen, ich hab mich entschuldigt!“. Naja.

Ein anderes Mal, das muss Anfang Dezember gewesen sein, hatte er gerade die ganze Schokolade aus meinem Adventskalender gegessen, als ich ins Zimmer kam. Mit vollem Schokoladenmund hat er wieder gerufen: „Entschuldigung!! Ich hab Entschuldigung gesagt, du kannst nichts machen!“

Aber da hatte ich dann doch das Bedürfnis, was zu machen, also hab ich ihn gehauen. Nach 5 Sekunden hatte ich das Gefühl, dass das nicht reicht und hab ihn noch mal gehauen. Und dann noch mal und so weiter.

Tut mir leid! Das war fies und ich schäme mich jetzt echt dafür, aber stellt euch das nicht zu brutal vor. Ich hatte keine Ahnung, wie man jemanden haut. Und es ging um meinen Adventskalender. Ich glaube sogar, es war noch Ende November, der hing nur schon an der Wand, damit ich mir stundenlang genüsslich vorstellen konnte, wie ich bis Weihnachten jeden Tag ein Türchen öffne.

Dann kam jedenfalls seine Mutter rein und hat gemeint, das wären jetzt genug Haue. Vielleicht hatte sie ein System oder war einfach der Meinung, dass sie die Einzige war, die ihn hauen durfte, keine Ahnung.

Mein Adventskalender war jedenfalls futsch, Entschuldigung hin oder her. Ich hatte das Gefühl, dass Weihnachten und der Rest meines Lebens ruiniert waren.

Entschuldigungen sind ne seltsame Sache, finde ich. Auf der einen Seite können sie viel aus der Welt schaffen, wenn sich Leute nur überwinden könnten, hinterher ganz aufrichtig „Tut mir leid“ zu sagen.

Auf der anderen Seite denk ich heute wie damals, manchmal reicht ne Entschuldigung nicht. Manchmal hat sich’s jemand einfach verschissen. So seh ich das zumindest. Entschuldigung für das böse Wort.

ENDE

PS: Ich sollte mich kürzer fassen. Tut mir leid!